Würzburg – Vor 74 Jahren brannten in der Nacht vom 9. auf den 10. November überall in Deutschland Synagogen, Gemeindehäuser und Friedhofskapellen. In Würzburg wurde die Synagoge allein deshalb nicht abgebrannt, weil man befürchtete, die Flammen könnten auf die Nachbargebäude übergreifen. Am Ort der ehemaligen Synagoge gedachten Vertreter der Kirchen, Gesellschaft und der Politik nun diesem „Tag der Schande“ (Regierungspräsident Paul Beinhofer).
Hier kamen in Würzburg drei Menschen zu Tode und unzählige Mitbürger wurden damals gedemütigt sowie ihre Wohnungen und Geschäfte geplündert oder verwüstet.
Die Gedenkstunde mit Rabbiner Jakov Ebert fand in diesem Jahr eingebettet in die 15. Stolpersteinverlegung statt. Zwölf weitere Denkmäler für Opfer des Nationalsozialismus ergänzen nun die zwischenzeitlich rund 350 Stolpersteine im Stadtgebiet und geben so Menschen, die unter dem NS-Regime zu Nummern degradiert wurden, wieder eine Lebensgeschichte und ihre Würde zurück. Ein besonderes Augenmerk lag bei dieser Verlegung auf der Rolle der Feuerwehren im Nationalsozialismus.
Rolf Schamberger, der Leiter des Deutschen Feuerwehr-Museums Fulda, referierte bereits am Vorabend auf Einladung des Aktionskreises zu diesem brisanten Thema in der Staatlichen Feuerschule. Der staatlich organisierte Pogrom vom 9. November 1938 stellte die Brandschützer auf eine harte Probe, nur wenige fanden in dieser Nacht die richtige Antwort. Juden durften zu diesem Zeitpunkt der Feuerwehr schon nicht mehr angehören. Schamberger erinnerte exemplarisch an das Schicksal des Würzburgers Jacob Sichel, einen jüdischen Feuerwehrkameraden, der 1943 im KZ Theresienstadt ermordet wurde.
Josef Schuster, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, und Oberbürgermeister Georg Rosenthal betonten in ihren Reden in der Domerschulgasse wie wichtig es ist, aktuelle Zeichen von Fremdenhass und Antisemitismus zu erkennen und diesen entschlossen entgegenzutreten. Aktuelle Beispiele gäbe es aktuell leider wieder viele. Laut Rosenthal registrierte das Statistische Bundesamt im vergangenen Jahr 1239 antisemitische Straftaten.
Schuster kritisierte zudem die Pannen bei der Aufklärung der NSU-Morde und das Urteil zu Beschneidungen des Landgerichts Köln als zwei dramatische Negativbeispiele, die zu einem Vertrauensverlust auch der israelitischen Gemeinde gegenüber staatlichen Institutionen geführt hätten.