eStandards für den Mittelstand

eStandards für den Mittelstand

Würzburg – Kleine und mittelständische Firmen sollen verstärkt elektronische Geschäftsstandards einsetzen. Auf dieses Ziel arbeiten Wirtschaftsinformatiker der Universität Würzburg hin. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert ihr Projekt mit rund 500.000 Euro.

„Es ist ein großes Anliegen der Politik, elektronische Geschäftsstandards, so genannte eStandards, in der deutschen Wirtschaft und hier vor allem im Mittelstand zu verbreiten“, sagt Professor Axel Winkelmann, Wirtschaftsinformatiker von der Universität Würzburg. Ziel sei es, die Unternehmen moderner und den Geschäftsverkehr effizienter zu machen. Doch vielen kleinen und mittleren Unternehmen sei noch gar nicht bewusst, dass elektronische Standards nachhaltig wirken und Kosten senken können.

Zwei Anwendungsbeispiele für eStandards

Beispiel Nummer eins: Ein Schraubenhersteller kann per eStandard seinen Katalog mit den präzisen Produktbeschreibungen direkt ins IT-System der Kunden einspeisen. Falls der Kunde im Ausland sitzt, kommen die Daten dort automatisch in der jeweiligen Landessprache an. Auch die Preise sind schon in die passende Währung umgerechnet. Das vereinfacht Bestellungen und deren Bearbeitung.

Beispiel Nummer zwei: Ein Holzbaubetrieb kauft im Webshop des Schraubenherstellers ein, die Rechnung wird direkt ins IT-System der Holzbaufirma überstellt. So muss die Buchhaltung die Daten nicht erst umständlich ins eigene System eingeben, sondern kann sie direkt bearbeiten.

Aufwand mit Software-Tool abschätzen

Das klingt relativ einfach, ist in der Umsetzung aber komplex – unter anderem, weil die zahlreichen ERP-Systeme (ERP steht für Enterprise Resource Planning), die in Firmen zum Einsatz kommen, viel zu unterschiedlich sind. Das Team des Würzburger Professors arbeitet an einer ersten Hilfestellung für kleinere und mittlere Unternehmen: Ein interaktives „Komplexitätsschätzer-Tool“ soll es den Firmen ermöglichen, den Aufwand einzuschätzen, den eine Einführung von eStandards mit sich bringt.

Diese Aufgabe gehen die Wissenschaftler im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie an: Winkelmann hatte sich mit seinem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik in der Förderinitiative „eStandards: Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern“ dafür beworben und gegen zahlreiche andere Bewerber durchgesetzt. Das Ministerium fördert sein Projekt „Komplex-e“ in den kommenden drei Jahren mit rund 500.000 Euro. Mit dem Geld können zwei Doktorandenstellen finanziert werden.

Das Projekt gründet sich maßgeblich auf das ERP-Labor, das bei Winkelmann aufgebaut wurde. „Wir haben hier so viele ERP-Systeme aufgesetzt, dass wir damit deutschlandweit einzigartig sind“, sagt Projektmitarbeiter Julian Hornung. „Aufgrund unserer Erfahrung können wir sehr gute Empfehlungen dazu abgeben, welche ERP-Systeme bei eStandards gut harmonieren.“

Erfahrungsberichte von Unternehmen erwünscht

Bei der Entwicklung ihres „Komplexitätsschätzer-Tools“ setzen die Würzburger Wirtschaftsinformatiker auch auf die Kooperation mit Unternehmen. „Unser Firmenpartner ist die IBIS Prof. Thome AG; außerdem gibt es einen Beirat aus Firmenvertretern, die Erfahrungsberichte beisteuern“, erklärt Sebastian Göhrig, der ebenfalls im Projekt mitarbeitet. Für Erfahrungsberichte aus weiteren mittelständischen Firmen sind die Wissenschaftler offen: „Wir sind immer daran interessiert zu wissen, in welchen Branchen eStandards eingeführt wurden, was dabei gut geklappt und wo es geholpert hat.“

Ziel ist ein Prototyp des Tools

Wo möchten sie in drei Jahren stehen, wenn die Laufzeit des Projekts zu Ende geht? Bis dahin will Winkelmanns Team einen Prototyp des Tools entwickelt und alle Erkenntnisse aus der Arbeit veröffentlicht haben. „Und sicher wird sich dann ein Unternehmen finden, das den Prototyp zu einem fertigen Produkt weiterentwickelt und damit eine Beratungsdienstleistung für Mittelständler anbietet.“

Zur Website des Projekts: www.komplex-e.de

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