Würzburg/Schweinfurt – Im Laufe der vergangenen Jahre hat die Zahl der Feuerbestattungen zugenommen, während die der Erdbestattungen gesunken ist. Oft sei die Angst davor, von Würmern zerfressen zu werden, ein Grund dafür, sagt Ralf Michal, Vorsitzender des Bestatterverbandes Bayern und Geschäftsführer von „Michal Bestattungen“ in Schweinfurt.
„Das ist Unsinn. Der Sarg besteht aus Hartholz, und bevor das nach mehreren Jahren zerfällt, zersetzt sich der Körper selbst. Außerdem gibt es in der Tiefe keine Würmer.“ Auch die heutige Schnelllebigkeit und die Entsagung von Verpflichtungen ließen die Menschen oft eine Feuerbestattung wählen. „Sie haben keine Zeit für die Grabpflege und denken, dass ein Urnengrab weniger Arbeit macht“, erklärt Michal. Jedoch gebe es auch Gemeinschaftsgrabanlagen für Erdbestattungen.
Es fehle an Aufklärung und rechtzeitiger Vorsorge sowie Kommunikation. Auch Dr. Stephan Steger, Liturgiereferent der Diözese Würzburg, bemerkt vor allem in städtischen Gebieten die steigende Zahl der Feuerbestattungen. „Die Kirche beschäftigt sich permanent mit der sich wandelnden Bestattungskultur. Obwohl diese in Bayern noch stark im Christentum verwurzelt ist, sind wir offen für andere Beerdigungsformen“, erklärt Steger. Die Kirche biete erst seit 2012 eine eigene Zeremonieform für die gemeinsame Feier der Verabschiedung und die Urnenbestattung an, obwohl es diese im Rahmen von kirchlichen Bestattungen schon seit den 1960er Jahren gebe.
Einig sind sich Bestatter und kirchliche Vertreter darin, dass ein Grab als Erinnerungsort unabdingbar sei, damit Angehörige und Bekannte trauern können. Die Trauerzeremonie gewähre einen Rahmen zum Abschiednehmen. „Dabei soll der Mensch in seiner irdischen Form verabschiedet werden“, erklärt Steger. Durch die mediale Flexibilität entwickelten sich immer neue Bestattungsformen, die auch über die Kulturen hinweg Interessenten finden: In Amerika etwa haben Angehörige die Möglichkeit, die Asche des Verstorbenen in einer Urne zuhause aufzubewahren.
Das sieht Steger kritisch: „Das ist eine ganz andere Art von Erinnerungskultur, die allerdings hier in Deutschland aufgrund der Bestattungspflicht nicht möglich ist.“ Auch neuere Bestattungsformen, wie etwa die Weltraumbestattung oder das Pressen der Asche zu einem Diamanten, ließen den Hinterbliebenen keinen Ort zum Trauern. Die Kirche müsse sich kontinuierlich mit diesen neuen Formen auseinandersetzen, kritisch und offen darauf schauen. „Nur so kann die Ritenvielfalt, die die Kirche im Trauerfall bietet, den Angehörigen Trost spenden und neu an Traditionen der Bestattungskultur anknüpfen.“
Heute sind oft Bestattungsunternehmen erste Ansprechpartner für Angehörige im Todesfall. Ein Bestatter erfüllt vielfältige Dienstleistungen. Diese reichen von der Überführung der Leiche vom Sterbeort über die hygienische Totenversorgung, kosmetische Behandlung und Einkleidung, Einbettung in einen Sarg bis zum gesamten Arrangement einer Bestattung mit einer kirchlichen oder weltlichen Trauerfeier und der Beisetzung von Sarg oder Urne.
Zusätzlich werden die Hinterbliebenen bei Behördenwegen, Überführungen und Erledigungen beraten und unterstützt. Ist die Kirche damit in der Bestattungskultur abkömmlich? „Die Aufgabe der Kirche ist über die reinen Bestattungsdienstleistungen hinaus, die Angehörigen in ihrer religiösen Tradition seelsorgerisch zu begleiten. Auch einen Raum der Trauer kann die Kirche bieten, etwa in der Heiligen Messe, in Andachtsformen oder im Entzünden einer Kerze am Totengedenkort in der Kirche“, betont Steger.
Ein Anliegen des Bestatterverband-Vorsitzenden Michal ist, dass Bestattungsunternehmen und Kirche gut zusammenarbeiten. Eine Aussage zertifizierter Bestatter laute: „Am Ende will ich, dass alles gut ist.“ Dieses Vertrauen verkünde die Kirche in der Botschaft der Auferstehung. „An diesem Hoffnungshorizont wollen Bestatter mit bauen, auf dem irdischen Wegstück, der Bestattung hier auf Erden“, erklärt Michal. Ein guter Bestatter sollte daher neben Menschenkenntnis auch Improvisations- und Organisationstalent, Umsicht sowie ein gewisses Maß an Perfektion mitbringen.
„Die Bestattung ist ein einmaliges Ereignis, das mit viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen geplant und durchgeführt werden muss.“ Sein Traditionsunternehmen lege großen Wert auf Fachwissen und eine gute Ausbildung. „Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft gibt es erst seit 2003 und ist lediglich ein freiwilliges Angebot. Bis vor 14 Jahren wurden angehende Bestatter nur im Bestattungsbetrieb praktisch angelernt und ergänzten ihr Wissen in Fort- und Weiterbildungen“, erklärt Stefan Neuser, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Bestatter. Der Beruf des Bestatters sei noch immer kein geschützter Beruf. Neuser setzt sich für eine verpflichtende Ausbildung ein, weil die Verantwortung gegenüber den Menschen groß sei.
Kim Griebel, Auszubildende bei „Michal Bestattungen“ zur Bestattungsfachkraft, schätzt es, Menschen helfen zu können, wo sie in ihrer Trauer rat- und hilflos sind: „Wir machen etwas, das nicht jeder kann.“ Sie hat über ein Schulpraktikum zu ihrem Wunschberuf gefunden. Die 20-Jährige mag die Abwechslung, die der Beruf bietet: „Jeder Tag ist anders. Der Arbeitsplatz, die Menschen und deren Wünsche.“ Wie sie mit der Trauer umgeht? „Wenn ich nachher sehe, wie dankbar die Angehörigen sind, ist das für mich eine schöne Bestätigung, etwas Gutes getan zu haben“, erklärt Griebel.
Im Rahmen der dreijährigen Ausbildung lehrt die Berufsfachschule in Bad Kissingen im Blockunterricht neben Sozialkunde und Religion auch Fachwissen in Warenkunde, Geschäftsdokumentation und rechtlichen Grundlagen. Zusätzlich steht für Auszubildende im Bundesausbildungszentrum für Bestatter in Münnerstadt, in dem vier Mal im Rahmen der Ausbildung Blockunterricht stattfindet, unter anderem die hygienische Unterweisung sowie Trauerpsychologie auf dem Lehrplan.
Als verbesserungsfähig sieht Michal den Kontakt zwischen dem Bestatter und den Pfarreien. In dringenden Fällen sei es oft schwer, jemanden zu erreichen, um die Beerdigung und weitere Schritte zu planen. „Der Tod kennt weder Uhrzeit noch Kalender“, sagt Michal und verweist damit auf den Bereitschaftsdienst vieler Bestattungsunternehmen auch an Feiertagen. Die Trauernden bräuchten häufig direkt einen Ansprechpartner, weil sie sich im Voraus nie mit diesem unbekannten Gebiet beschäftigt hätten.
Liturgiereferent Steger bestätigt Michals Sicht teilweise: „Das ist immer ein Thema und auch ein Problem. Die Kirche muss erreichbar sein.“ In diesen Diskussionen komme immer wieder der Vorschlag, ein zentrales Telefon einzurichten, damit im Trauerfall eine Kontaktperson, bestenfalls ein Seelsorger, erreichbar sei. In manchen Dekanaten gebe es schon einen Bereitschaftsdienst, bei dem sich die Pfarreien abwechseln.
Um die Herausforderung bewältigen zu können, wurde im Bistum Würzburg die Ausbildung zum Begräbnisleiter ins Leben gerufen. Sieben Frauen und acht Männer wurden von Diözesanadministrator Weihbischof Ulrich Boom am Sonntag, 4. November, zu Begräbnisleitern beauftragt. Nicht nur der Pfarrer hätte eine Verpflichtung gegenüber dem Verstorbenen, sondern es sei seit jeher Aufgabe der ganzen Kirche, also der Gemeinde, den Menschen bis zum Schluss zu begleiten. „Das kann den Angehörigen eine Konstante in ihrer Trauer um den geliebten Menschen geben“, sagt Steger.
Stichwort: Feuer- und Erdbestattung
In Deutschland gibt es zwei Arten von Bestattungen, aber viele Möglichkeiten und Formen der Beisetzung. Man grenzt die Erdbestattung ab von der Feuerbestattung. Bei der Erdbestattung wird der Verstorbene im Sarg beigesetzt. Bei der Feuerbestattung wird der Verstorbene in einem Krematorium eingeäschert und dann in einer Urne beigesetzt. Zudem gibt es die Möglichkeit, die Urne, die aus sich zersetzendem Material besteht, in der Natur beisetzen zu lassen: auf sogenannten Waldfriedhöfen („Friedwälder“) oder im Meer/See.
Bild: Särge unterscheiden sich in ihrer Größe, ihrer Form und aufwändigen Gestaltung, was sich wiederum auf den jeweiligen Preis niederschlägt. (Foto: Carolin Hasenauer / POW)