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„Ein Skelett hatten wir nicht erwartet“

Würzburg – „Ein Skelett hatten wir auf einem Wirtschaftshof nicht erwartet.“ Immer noch ist den Archäologen Julia Groll, Leiterin der Ausgrabungen am Burkardushaus in Würzburg, und Dieter Heyse, Leiter des Büros für Ausgrabungen und Dokumentationen in Schwarzach, die Freude über diesen Fund anzusehen. Das Skelett wurde im Frühjahr bei Ausgrabungen auf dem Vorplatz am Bruderhof gefunden.

„An dieser Stelle ist kein Friedhof dokumentiert“, erklärt Heyse die Überraschung der Archäologen. Es handele sich um einen erwachsenen Menschen, der vermutlich im achten Jahrhundert hier bestattet wurde. Da keine Grabbeigaben gefunden wurden, müsse es sich um eine Beisetzung in christlicher Tradition gehandelt haben, vermutet Heyse. Und: „Es war kein Hinweis auf Gewalteinwirkung zu finden.“

Das Skelett ist nicht der einzige interessante Fund, von dem Heyse und Groll im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwoch, 4. Dezember, berichten. Bereits seit August 2009 fanden im Umfeld des Burkardushauses immer wieder archäologische Grabungen statt, zunächst im Rahmen der Sanierung der Entwässerung rund um den Würzburger Dom und seit 2012 aufgrund der Sanierung des Burkardushauses. Gefunden wurde dabei unter anderem ein Torzugang zum ehemaligen Bruderhof aus dem Hochmittelalter. Viele weitere Mauerfunde reichen zurück bis in die Zeit des 9. bis 12. Jahrhunderts. Im Urkataster von 1832, an dem sich die Wissenschaftler unter anderem orientieren, sind sie nicht aufgeführt, erklärt Heyse. Sogar noch ein Stück älter sind Funde, die von einer Holzbebauung zeugen, sowie die Reste eines Grubenhauses. Diese dürften nach Aussage von Groll zum Teil bis in das frühe Mittelalter, also ins 8. bis 9. Jahrhundert, zurückreichen. Solch alte Fundstücke sind bei Ausgrabungen keine Selbstverständlichkeit. „Würzburg ist ein wirklich sehr wichtiger Ort in Deutschland“, betont Heyse. „Es hatte einen extrem hohen Stellenwert in der überregionalen Geschichte. In München dagegen wird schon eine Scherbe aus dem 11. Jahrhundert voller Stolz hochgehalten.“

Neben Mauerresten fanden sich in den Erdschichten auch Keramik-, Glas- und Metallfragmente, Schlackenfunde und „sehr viele Tierknochenreste“. Denn der „Bruderhof“, der hier bis zur Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 stand, diente einst dem Domkapitel als Wirtschafts- und Bauhof und beherbergte unter anderem eine Küche, eine Bäckerei und eine Schmiede. Eine Keramikscherbe, die im Umfeld der Bestattung gefunden wurde, war es auch, die einen Hinweis auf das Alter des Skeletts gab. Sie ist kaum so groß wie ein Handteller. Quer über die Scherbe zieht sich in schmalen Streifen eine Art Lochmuster. An Farben, Formen und Mustern sowie an den Brenntechniken lasse sich gut das Alter von Keramik bestimmen, erklärt Heyse. „Sie entwickelt sich im Laufe der Geschichte.“ Er datiert die Scherbe auf das späte siebte bis achte Jahrhundert. Nach seinen Erkenntnissen kam sie erst nach dem Skelett in den Boden: „Das Skelett muss also älter sein.“

Die archäologischen Funde werden für die Nachwelt fotografiert und dokumentiert. „Alle Funde sind Eigentum der Diözese Würzburg“, erklärt Heyse. Kleinere Fundstücke, wie Scherben oder Fibeln, würden auch häufig in Ausstellungen gezeigt. Das Skelett wurde geborgen und ist derzeit eingelagert. Es gebe eine Reihe von Möglichkeiten, um seine Lebensumstände und seine Identität zu erforschen – bis hin zur DNA-Analyse. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem es seine letzte Ruhe findet: „In der Regel werden Skelette wieder bestattet.“


Bild: Archäologe Dieter Heyse (links) und sein Team führen derzeit die Ausgrabungen vor dem Burkardushaus durch.(Foto: Markus Hauck / POW)

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