Freiwilliges Soziales Jahr: Der erste Jahrgang plaudert aus dem Nähkästchen -  wuerzburg24.com

Freiwilliges Soziales Jahr: Der erste Jahrgang plaudert aus dem Nähkästchen

Würzburg – Rund 2100 Menschen arbeiten derzeit für die Stadtverwaltung Würzburg. Gut 300 davon fürs Sozialreferat. Seit diesem Herbst sind nun auch erstmals drei Stellen für ein Freiwilliges Sozialen Jahr (FSJ) im Angebot. Aktuell wollen drei junge Männer herausfinden, ob eine berufliche Zukunft in einem Jugendkulturhaus, im Quartiersmanagement oder in der Wohnungsnothilfe für sie das Richtige wäre.

Der kleine FSJ-Jahrgang kam nun zu einem Erfahrungsaustausch im Jugendkulturhaus Cairo zusammen und berichtete von Aufgaben, die fordern, aber bislang glücklicherweise noch nicht überfordern.

Der 19-jährige Lukas Bieberich kannte beispielsweise das Jugendkulturhaus Cairo schon länger als Konzertbesucher, wusste aber natürlich nicht, welch organisatorischer Aufwand hinter den Konzerten steckt und dass es im Cairo auch ein Riesenangebot an Kursen und Workshops gibt: „Meine Aufgabe ist es, den ehrenamtlichen Kurs-Leitern oder Veranstaltern Bürokratie vom Hals zu halten. In den Komplex GEMA-Gebühren muss sich beispielsweise nicht jeder für sich einarbeiten.“ Anleiter Steffen Deeg, Sozialpädagoge und Kulturmanager betont: „Bei uns bekommt man schon nach kurzer Zeit viel Verantwortung übertragen. Auch ein FSJler ist in alle Arbeitsbereiche eingebunden, übernimmt wichtige Aufgaben und wird als wertvolle Unterstützung voll ins Team integriert.“

Felix Maier, 18 Jahre, verstärkt seit Herbst das Quartiersmanagement am Heuchelhof. Er kann sich nach seinem Fachabitur ein Studium der Sozialen Arbeit sehr gut vorstellen und sammelt nun aber erst einmal praktische Erfahrungen in der Stadtteilarbeit. Sein Arbeitsplatz ist für viele Bürgerinnen und Bürger erste Anlaufstelle, wenn sie beispielsweise Probleme mit Anträgen haben. Von hier aus werden aber auch zahlreiche Freizeitangebote am Heuchelhof koordiniert. Am Spielplatz „Römer Straße“ betreut er zudem an mehreren Tagen das Bauwagen-Projekt für Kinder. So schnell Maier Routinen für die neuen Aufgaben entwickelte, an manches musste er sich wirklich erst gewöhnen: „Ich hatte als Kind immer einen gehörigen Respekt vor Älteren und wenn es nur die Klasse über mir war. Hier habe ich es aber auch mit Kindern zu tun, die bei der ersten Begegnung gleich die Grenzen ausreizen.“

Auch Andreas Töpfer, 20 Jahre, findet es eine regelrechte Kunst, die Balance hinzukriegen von Jugendlichen zwar als Respektsperson, aber nicht gleich als Oberlehrer wahrgenommen zu werden. Er hat seine Einsatzstelle zur Hälfte in der Ganztagsbetreuung im Zellerauer Jugendzentrum und daneben arbeitet er für die Wohnungs-Notfallhilfe. Hier kümmert er sich beispielsweise darum, dass Menschen, die kurz vor der Obdachlosigkeit standen, in den städtischen Verfügungswohnungen die Einrichtung bekommen, die sie brauchen: „Wenn wir die Möbel ausliefern, bekommen wir schon manchmal erschreckende Einblicke in Haushalte, die nicht richtig funktionieren. Es ist aber ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass sich Leute aus einer Krise wieder selbst rauskämpfen wollen und der Zug noch nicht abgefahren ist.“

Ohne ein gehöriges Maß Idealismus lässt man sich wohl nicht auf ein Freiwilliges Soziales Jahr ein. Wie sind aber die Rahmenbedingen bei der Stadt Würzburg? Die Verwaltung kooperiert mit dem Internationalen Bund (IB) und dessen Freiwilligendienste für Würzburg und profitiert so von dessen Know-how und Netzwerk. In der Außenstelle Würzburg werden derzeit rund 20 Stellen FSJ-Stellen betreut. Zum Vergleich: in der bayerischen Zentrale Nürnberg sind es derzeit rund 300, bundesweit etwa 8.000 Stellen. Der IB ist ein staatlich geförderter Freier Träger und kann auf 50 Jahre Erfahrung in den Freiwilligendiensten zurückblicken. Über den Zeitraum des FSJ, der übrigens auch kürzer und länger als ein Jahr sein kann, werden vom IB 25 Seminartage abgehalten – mit Praxisreflexion und Weiterbildungen. Die Stadt Würzburg übernimmt hingegen die Anleitung vor Ort an den Arbeitsplätzen und zahlt neben Versicherungen oder Arbeitsmitteln auch ein monatliches Taschen-/Verpflegungsgeld von 422 €.

Siegfried Scheidereiter, Koordinator im Sozialreferat, möchte diese Kooperation in den nächsten Jahren gerne noch ausbauen: „Mit den Stellen geben wir jungen Menschen gute Rahmenbedingungen, um sich beruflich zu orientieren und den eigenen Horizont zu erweitern. Wir erwarten aber auch unsererseits wichtige Impulse. In einem solchen Zeitraum kann man sich tief in die bestehenden Strukturen einarbeiten und aus der eigenen Perspektive heraus auch Abläufe hinterfragen und Akzente setzen.“ Dorothy Albert, die lokale Ansprechpartnerin des IB, traut dies dem ersten Jahrgang bei der Stadt zu: „Ich glaube wir haben drei absolute Vorzeige-FSJler für die Stadt gefunden, die mit viel Leidenschaft und Eigeninitiative an ihren Einsatzstellen schon gut angekommen sind.“ Die Bewerbung auf eine FSJ-Stelle läuft zunächst zentral über den IB, Vorstellungsgespräche sind dann aber vor Ort in den unterschiedlichen Einsatzstellen.

Weitere Informationen unter: www.ib-freiwilligendienste.de

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